Hausfrau und Mutter - eine politisch inkorrekte Berufsbezeichnung?

Wenn ich gefragt wurde: „Und, was machst Du so beruflich?“ dann habe ich mich lange Zeit des äußerst witzigen Zitats aus einer Vorwerk-Werbung bedient und geantwortet: „Ich bin Managerin eines kleinen Familienunternehmens.“

Ja, das war witzig, aber nicht die Wahrheit. Als Produkt eines geburtenstarken Jahrgangs (1964) war es für mich überhaupt keine Frage, dass ich bei den Kindern bleibe, wenn wir welche bekommen sollten. Das mag naiv gewesen sein, aber selbst in der Rückschau fällt mir kein Zeitpunkt ein, zu dem ich diese Entscheidung anders getroffen hätte. Dabei war ich gut ausgebildet und hatte nach meinem Wirtschaftsstudium eine gute Stelle als Projektcontrollerin gefunden, die mir wirklich Spaß machte. Heute würde ich diese Entscheidung „instinktiv“ nennen. Ich konnte sogar 3 Jahre Elternzeit nehmen bei beiden Kindern – wofür ich heute dankbar bin. Denn heute weiß ich, insbesondere belegt durch bindungstheoretische Forschungen (z.B. Bielefelder Langzeitstudie), dass das, was ich als Mutter in den ersten drei Jahren an mein Kind weitergeben kann, vermag niemand anders (außer dem Vater) ihm/ihr zu geben. Ich habe mir sogar noch mehr Zeit genommen und erst wieder mit dem Arbeiten begonnen, als die Kinder beide in die Schule kamen. Zwischendurch sehnte ich mich in mein Büro zurück, zu den nervigen Besprechungen und den langen Tagen vor dem Jahresabschluss. Aber meine Investition in die Zukunft meiner Kinder war mir persönlich immer wichtiger. Auch heute, nachdem die Kinder aus der Schule heraus sind und langsam aber sicher das Weite suchen, liebe ich es, in die Zukunft meiner Kinder zu investieren und Zeit für sie zu haben.

 

Jetzt lese ich, (Zeit online vom 17.12.12, www.zeit.de/gesellschaft/familie/2012-12/studie-kinder-mutter-deutschland/) dass „das kulturelle Leitbild von einer ´guten Mutter`, die zu Hause bei den Kindern zu bleiben habe“ dazu beiträgt, dass sich insbesondere berufstätige Frauen gegen ein Kind entscheiden würden. Heißt das jetzt, weil ich mich ganz unreflektiert dafür entschieden habe, bei den Kindern zu Hause zu bleiben habe ich dazu beigetragen, dass es in Deutschland immer weniger Kinder gibt? Die Studie, auf die sich dieser Artikel beruft kommt zu dem Schluss, dass es nur dann wieder positive Effekte für die Geburtenrate zu erwarten sind, wenn eine „ganzheitliche, widerspruchsfreie und strategisch ausgerichtete Familienpolitik“ auch „infrastrukturelle, zeitpolitische, monetäre und gleichstellungsorientierte Elemente sinnvoll verbindet.“ D.h. es sollten ausreichend Betreuungsplätze und Teilzeitarbeitsplätze sowie finanzielle Unterstützung für Eltern geschaffen werden und die Väter mehr beteiligen.

 

Hierbei steht allerdings m.E. im Vordergrund, wie auch in einem Artikel von Norbert Blüm in der Zeit vom 20.1.2012 nachzulesen ist, das sich das ganze Leben der Lohnarbeit und dem Produktionsprozess zu unterwerfen hat: „Beide Ehepartner sollen in Lohnarbeit stehen. Der Störfaktor Kind soll möglichst früh der staatlichen Erziehungsarbeit übergeben werden. An die Stelle der Amateure »Mama und Papa« tritt eine professionalisierte Elternschaft namens »Schule«.“ Und weiter meint Blüm: „Die Erwerbsgesellschaft ist imperialistisch und schickt sich an, die Familie zu erobern. Mit dem Programm Kinderhort, Kindertagesstätte, Kindergarten, Ganztagsschule, Ferienbetreuung ist die Kindheit nahezu vollkommen verstaatlicht. Nur noch die Schlafzeit ist fest in Händen der Familie. Wahrscheinlich kommt der aufgeregte Eifer der Schulreformen erst dann zur Ruhe, wenn das ganze Leben – von der Wiege bis zur Rente – in ein staatliches Rundum-Internat gezwängt ist.“ (http://www.zeit.de/2012/42/Ehe-Familie-Karriere/komplettansicht)

 

Ich frage mich weiter, warum es heute nicht mehr möglich ist, selber zu entscheiden, ob man sich dem Produktionsprozess mit Haut und Haaren, und in diesem Fall mit Mann und Kindern, zu unterwerfen. Warum können Frauen heute sich nicht mehr guten Gewissens entscheiden, bei den Kindern zu bleiben, ohne als anachronistisch und weltfremd angesehen zu werden oder schlimmer noch als pralinenfressendes Muttermonster, dass den ganzen Tag auf dem Sofa liegt und Soaps anschaut? Warum kann eine Frau nicht selber bestimmen, wann und wo sie wieder in den Beruf einsteigen kann? Warum muss sich eine Frau, die wieder arbeiten geht, den Vorwurf, eine Rabenmutter zu sein, gefallen lassen? Und warum hat sich das Familienleben dann ganz ihrem beruflichen Zeitplan zu unterwerfen und nicht anders herum? Warum wird immer nur aus der Sicht der Erwachsenen argumentiert und die Sicht und die Bedürfnisse der Kinder selten berücksichtigt. Und warum darf die Politik entscheiden, was gut für meine Kinder ist? Warum gehen alle davon aus, dass das Heil im Gendermainstreaming liegt, wenn Gott uns als Mann und Frau schuf!

 

Ich möchte gerne weiterhin sagen können, dass ich gerne Frau bin, mit allen Vor- und Nachteilen. Und ich denke, dass geht auch vielen Männern so. Ich glaube auch, dass diese unklaren Rollenmuster von „Superwoman“ einerseits, die mit links einen 4 Personenhaushalt gewuppt bekommt und gleichzeitig 60 Stunden die Woche an ihrer Karriere arbeitet und dem Vater in Elternzeit, der gerne mit den anderen Müttern vom Spielplatz einen Latte trinken geht andererseits, nicht wirklich erstrebenswerte Vorstellungen für junge Männer und Frauen von heute sind. Warum arbeitet die Familienpolitik nicht viel mehr daran, dass die unterschiedlichen Lebensentwürfe möglich und gesellschaftlich akzeptiert werden. Ich möchte mir jedenfalls nicht vorschreiben lassen, dass ich zukünftig nicht mehr „Hausfrau und Mutter“ als Berufsbezeichnung angeben darf.

 

Ich würde mir wünschen, dass Frauen wieder gerne Frauen sind, einfach weil sie mit ihren weiblichen Qualitäten gesehen werden und nicht als geschlechtsneutraler Mensch, der neben der Aufgabe dem Produktionsprozess zur Verfügung zu stehen auch noch Kinder zu gebären hat. Ich würde mir wünschen, das eine neue Flexibilität entsteht, die jeder Frau die Möglichkeit gibt, ihren ganz eigenen Lebensentwurf zu leben und so eben auch die Option hat, ganz instinktiv, bei ihren Kindern bleiben zu wollen. Vielleicht entsteht diese Flexibilität auch bei den Frauen selber, wenn sie sich immer wieder die Freiheit nehmen, ihre Weiblichkeit in die Waagschale zu werfen und das was sie für richtig halten auch zu leben. Wünschenswert wäre es auch, wenn Frauen sich dabei der Unterstützung der Kirchen und Gemeinden sicher sein könnten und wenn diese ihr meinungsbildendes Gewicht einbringen würden um Einfluss zu nehmen auf die Familienpolitik. Denn das wäre ganz im Sinne Jesu, der sich immer wieder gegen das, was in seiner Gesellschaft die Norm war gestellt hat. Warum versuchen dann die Kirchen/Gemeinden nicht auch, Akzente zu setzen, die gegen die Norm sind?

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